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Onsen, heisse Baeder in Japan

Tsukuba, 50km noerdlich von Tokyo. 8 Uhr Morgens. Meine Kumpels versammelten sich mit ihren Motorraedern. Es war ende Oktober, die Blaetter verfaerbten sich langsam zu gold und rot. Die Viertakter und Zweitakter brummten vor sich hin und wir hatten eine 6 Stunden Fahrt vor uns. Unser Ziel Inawashiro-Ko. Der Luftweg dorthin betraegt zwar nur 200km, aber die Strassen fuehren durch Berge und T¸«£ler. Zudem hatten wir Motorradfahrer mit Beifahrer und 125cc Motorraeder die auf japanische Autobahnen nicht zugelassen sind. Die Autobahn kostet Geld und mit erlaubtem 100 km/h Spitze sind sie auch keine Blitzwege. Nach zwei Stunden Landstrasse machten wir einen Halt vor einem Seven-Eleven, ein Laden benannt urspruenglich nach seinen Oeffnungszeiten, der aber wegen der zunehmenden Konkurrenz 24 Stunden offen ist. Es gab japanische Reisbaelle, warme chinesische geduenstete Broetchen mit Fleischfuellung, allerlei Ionen/Kaffein/Zuckeraufputschmittel in Dosen. Einige Laster rasten vorbei, die kalte Morgenluft war dennoch angenehm. Endlich raus aus der Studentenstadt, endlich raus aus dem Pruefungsstress. Endlich frei, frei, frei.

Eine lange Fahrt

Wir fuhren durch laendliche Strassen, die Hand am Gas war immer lockerer gelaunt, und der Wind blies uns durch das Helm, als ein uns entgegenkommendes Ducatti Motorrad uns signalisieret: Es wird geblitzt. In Mikrosekunden lockerten wir unsere rechte Hand und fuhren langsam, als uns ein kleiner Laster ueberholte. Blitz. Der Laster wurde geblitzt und wir - !! - wurden angehalten. Hola. Was soll das. Wir waren die, die ueberholt wurden. Dreckige Ingenieursstudenten in einer Gruppe auf Motorraedern die aussahen, als waeren sie alle leicht frisiert. Glaubwuerdigkeit gleich null. Aber die Polizisten hatten es selbst gesehen und ihre Augen nicht getraut. Wir konnten kaum eine brave Gruppe sein. Zumindest nicht in Sachen Tempo. Aber, sie hatten es ja selbst gesehen und von uns hatten sie unsere Geschichte abgenommen. Man wuenschte uns noch viel Spass am Fahren und sie vergaben einen dicken Bussgeld an den Kleintransporter. Glueck gehabt. Danke Ducatti. Cooler Typ.

Hehe, Los gehts.

Nachmittag. Wir setzten uns in ein Shokudo, ein Restaurant, wie es sie ueberall in Japan gibt. Nicht gerade schoen, aber billig, schnell und meist gut. Zum aufwaermen gab es ein Ramen-Nudelsuppe und ein Gyoza, in duennem Teig eingehuellte mini Kotletten, mit viel Lauch und Knoblauch. Ein Muntermacher fuer Unterwegs, nicht die optimale Speise vor einem Date. Ich nahm vorsichtshalber einen japanischen Schnitzel, da die Nudelsuppe doch in der schon kalten Luft draussen, die Blase etwas belasten koennte. Dieser leicht kitzelnder Druck konnte bei vibrierendem Motorradmotor recht unangenehm sein. Die Temperatur sank mit zunehmender Hoehe. Der Inawashiro-Ko See lag in einer Mulde zwischen Bergen in Hoehe von 1700 Metern. Er war aber nicht unser Endziel. Wir wollten zum Naturbad, gelegen in der Gebirge um den See. Ich verabschiedete mich noch vom letzten Schluck warmer Tee und wir beendeten unsere spaete Nachmittagpause und fuhren wieder los. Gegen vier Uhr verliessen wir die betonierten Strassen und fuhren nur noch im Geroell. Es fing an zu schneien, die Motoren heulten auf, um die steilen Haenge zu erklimmen, und die Hinterraeder rutschen hin und her. Wir erreichten eine Haengebruecke und endlich waren wir am Ort. Ein Naturbad, errichtet irgendwann vor ueber 100 Jahren.

Uhm, diese Kohleoefen auf den Boden wirken nicht so ...

Wir waren total vereist. Wir gingen in unser Zimmer, zogen uns Yukatas, laessige Kimonos aus Baumwolle, die ueberall in japanischen Gasthaeusern bereit gestellt werden, an. Wir waren auch total neugierig. Hagiya hatte vor der Fahrt mit Miura einen ganzen Tag im Bibliothek nach traditionellen japanischen Baedern gesucht, die folgende Bedingungen erfuellten: Kein mainstream, populaere Badeanstalten, etwas mit altem Flair und Tradition, irgendwo in Nirgendwo und die letzte und wichtigste Bedingung: Ein Bad fuer Frauen und Maenner ohne Trennwaende. Eine wichtige Bedingung fuer Ingenieure, die so und so fast nur unter Typen mit mueden Hosen und Hemden ihre Tage verbrachten. Wir konnten kaum abwarten ins Bad zu gehen. Aber wir wollten doch lieber in Gruppe gehen. Unsere Erwartung stieg. Die Pruefungen, die lange Fahrt in der Kaelte, aber jetzt: Ein warmes Bad und schoene Aussichten. Wir lachten uns eins ins Faeustchen. Wir gingen ins Keller zogen uns in der alten Kabine aus und gingen ins Bad. Ein schimmerndes Licht mit einer Birne leuchtete die dunkle steinerne Kammer, Dunst wie Rauchschwaden beeintraechtigte die Sicht: Es war eine Welt wie in einem Film ueber Kannibalen, die Menschen in einem dampfenden Topf stecken wollten. So sah das Kammer aus: Ein Teufelsschwaden.

Wir setzten uns vorsichtig ins Becken. Das Wasser war verdammt heiss, aber es war nicht unangenehm, nur die Beckenwaende waren mulmig, ueberhaupt das Wasser selbst war schluepfrig, keine Ahnung ob das nun Mineralien, Algen oder sonst was waren. Aber dann, eine Silhouette von einem Opa, der ausserhalb des Beckens auf dem Steinboden kniete und ueber einen liegenden Gestalt beugte: Oman, Oman! Rief er. Eine Oma bewusstlos, hoffentlich nur bewusstlos. Wir waren absolut entnervt, die letzte Kraft wich aus unseren Knochen. Aber dann die Erleichterung: Der Schatten von der Oma bewegte sich. Die alten Leute verliessen das Bad und wir waermten uns im brodelnden Wasser. Danach setzten wir uns aus dem Becken um uns zu waschen. Das Wasser war aber so voller Mineralien und anderen Stoffen, dass die Seife kaum aufschaeumte. Haben die kein Leitungswasser zum waschen? Fragte Miura. Nein, das ist doch das Gute hier. Antwortete Kim. Langsam durchdrang die Waerme den ganzen Koerper, und man fuehlte sich fast wie neu geboren, die inneren Verdauungsapparate liefen auf Hochtouren und wir bekamen einen enormen Hunger.

Der glueckliche Sake Trinker

Das Abendmahl: Das Essen in so einem Gasthaus in Japan ist gewoehnlich sehr gut und ist in dem Preis eingeschlossen. Man bekommt einen kleinen Tisch auf dem Boden gesetzt, jeder eins fuer sich, mit vielen kleinen Tellern, die zum Beispiel mit Salat, Sashimi (meist rohe Thunfischscheibchen), eingemachte Gemuese, gebratene Ingwer-Schweinefleisch und Soya-Bohnen-Suppe bestueckt sind. Der Reis kommt in einem grossen Behaelter mit. Natuerlich darf Bier und Sake hier nicht fehlen. Wir fuellten die Glaeser. Das Eiskalte Bier ging erst mal durch die ausgesaugte Kehle. Es prickelte sagenhaft. Dann langsam warmen Sake mit dem Essen in kleinen Zulegen geniessen. Ah. Wunderbar. Schnell hatten wir unsere zu hohe Erwartung am gemeinsamen Bad fuer Frauen und Maenner vergessen. Nach ein paar Erfrischungen, gingen wir einer japanischen Tradition nach. Dem Futonmushi. Eher ein Spiel fuer, eh, Schulkinder, aber wir waren eben nur Typen und hatten nichts besonderes zu tun, so hatten wir im Nu einen Opfer gefunden, der unter einer Masse von besoffenen Studenten und Futons lag. Miura-san, der freundliche, kleine Basketballspieler ueberlebte seinen Urteil, als guter Auswaehler fuer optimale Ausflugsorte.



Der zweite Tag. Wir hatten das Bad draussen noch nicht ausprobiert. Es schneite. Nackt liefen wir von der Umkleideraum zum Bad. Wir waren die einzigen und die letzten Gaeste vor der Winterpause. Wir benahmen uns dementsprechend auch - wie junge Motorradraser. Wir spielten Stein, Schere und Papier, der Verlierer musste raus, bis zu einem Felsblock rennen und wieder zurueckkommen, oder durch einen eiskalten Fluss waten, der fast nebem dem Badebecken floss. alles ohne Sake. Es war angenehm im Becken zu sitzen, die Landschaft zu beobachten, die fallenden Blaetter, die Gebirgslandschaft, der Fluss und die Luft tief einzuatmen. Meine Haut war zwar durchweicht aber, alle Verkrampfungen waren weg. Diese Onsen - Naturheissbaeder - koennten tatsaechlich die Energiquelle der japanischen Bevoelkerung sein. Wir spielten noch eine runde Tischtennis und packten ein.





Hagiya und Miura hatten naemlich fuer den zweiten Tag etwas anderes geplant. Ein Onsen mit etwas mehr Trendy-Geschmack so etwas wie ein Spa. Ein Onsen, in der man nicht Gefahr lief, mitten in ein Seniorenklub zu landen. Ein Onsen mit prickelnder Brause und charmantem Licht. Etwas ueber eine Stunde fuhren wir diesmal. Der Ort hatte kleinere Touristenattraktionen, die dem Onsen zusaetzliche Popularitaet schenkte. Beim abstellen unserer Motorraeder vor dem Onsen waren wir von der schicken Aufmachung sehr erfreut. Miura und Hagiya, waren zum Helden aufgestiegen. Das Bad war mit Holz schick und gross ausgelegt. Die weiblichen Badeg¸«£ste, vor allem die jungen, hatten so einen Trick mit ihrem Badetuch, das man eigentlich nichts erblicken konnte, als sie sich in den Becken setzten. Der Dunst und der grosse Abstand nahm den Rest. Aber irgendwie hatten Miura und Hagiya ihr versprechen gehalten.

Wir waren auch viermal am Tag baden gegangen. Hier gab es Variationen von Baedern mit verschiedenen Wirkungen, Temperaturen und Auslegungen. Doch den grossen Eindruck hinterliess uns das erste Bad. Zwei Naechte waren wir geblieben und fuhren wieder den langen Weg zurueck.

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