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Filmen mit Peter Bogdanovich



Der Chef meiner Agentur war entsetzt. Nein, ich kannte diesen Namen nicht. Ein gewisser Herr Regisseur Peter Bogdanovich. Warum auch. Namen konnte ich mir nie gut merken. Aber eben ein grosser Name soll er sein. Er dreht in Griechenland mit seiner Crew und ich soll auch dort hingeflogen werden. Wann? In den naechsten Tagen heisst es. Das Produktionsbuero wird sich telefonisch noch bei mir melden. Steve, angeblich der Drehbuchautor soll mich augenblicklich anrufen. Wir hatten kaum gesprochen - 5 Minuten. Meine Agentur meldete sich wieder. Am Montag, also in drei Tagen, soll ich nach Griechenland fliegen.
Wow.

In Athen angekommen stand ich da auf dem Airport. Keiner da. Doch dann, ein griechischer Typ um die drei©Īig. Sein Name: Greg. Wir fahren in die Stadt. Er erklaert mir die Fahrt zum Drehort dauere 7 Stunden. Was welcher Ort? Ich dachte wir wuerden in Athen drehen und hatte mir sogar eine Karte gekauft. Greg kaufte noch ein, was am Drehort eiligst benoetigt wurde und ab ging es nach Kyparissi. Geschwungene Strassen. Totale Dunkelheit. Es ging auf und ab. Um Mitternacht war ich endlich angekommen. Aufatmen. Erste Feststellung. Mein Gastzimmer hatte kein Shampoo. Wer hatte damit gerechnet? Nein, mir ist Shampoo nicht so wichtig. Ich brauche nicht die verschiedenen Variationen fuer Morgens, Abends, trockene Tage oder eventuell depressive Tage. Aloe, Seetang, oder Curry-Ketschup-Vanille Duft koennen mir gestohlen bleiben. Doch Seife brauche ich. Am Ende fand ich auf dem Waschbecken doch eine Plastikflasche, mit gruener Fluessigkeit. Es sah zwar so aus wie Geschirrspuelmittel, roch auch so und war fluessig wie Wasser, aber erst mal kann ich mir meine Haende waschen.

Am naechsten morgen lief ich mit gewaschenen Haaren zur Kantine. Diese gruene Handseife musste fuer diesen Zweck seinen Dienst tun. Es war ein Restaurant, der zu diesem Zwecke umgestaltet worden war. Keiner war mehr da. Es war ja auch schon nach 8. Ich trank Tee, der Kameramann kam noch vorbei, eine von Kostuem, sie waren aber alle schnell wieder weg. Ich machte einen Spaziergang. Man atmete die gute Luft am Meer, ich schwamm eine Runde im Meer, obwohl es mir etwas mulmig war im unbekannten Meerwasser alleine zu schwimmen. Angenehm warm fuer ende November. Am folgenden Morgen, um 5 Uhr bekam ich ein Haarschnitt. 30er Stil, kurz und ohne jeglichen Appeal, aber dafuer passend zum zuverlaessigen und diensteifrigen Chauffeur von Charly Chaplin. Ich wartete und wartete. Um zehn Uhr wurde meine Szene abgeblasen, des Wetters wegen. Es war zu windig, um das Boot anzulegen und die Szenen am Hafen zu drehen. Mein Aufenthalt verlaengerte sich um Tage. Meine Abschlussarbeit musste in 3 Wochen abgegeben werden.

Alle arbeiteten lange Schichten. Die wartenden Schauspieler verbrachten die Zeit mit Ratespielen, wer welches Film gedreht hat, wer darin gespielt hat und in welchen Filmen dieser mitgewirkt hat und von wem diese wiederum geschrieben wurde. Ich hatte keine Chancen gegen die Hollywood Veteranen, die ein unheimlich grosses Reservoir an Wissen mit sich trugen. Eine deutsche Produktion, amerikanische Produzentin, amerikanischer Regisseur, britische, amerikanische Schauspieler, ein britischer Kameramann, ein franzoesisches Kostuemteam. Der Film sollte in 6 Wochen und unter vermutlich - $6 Millionen Budget abgewickelt werden. Das Wetter war weiterhin schlecht.

Meine Szenen waren nicht sehr schwer ausser der Szene, in der ich den alten 1925 Baujahr Packard fahren musste. Der Wagen war trotz der Wartung durch ihren deutschen Besitzer, durch das haeufige Regen und der fehlenden Garage abgesoffen und kraechzte nur noch so herum. Das Bremsen war auch nicht einfach. Die alten mechanischen Bremsen aus dem Zeitalter der Vorgeschichte waren ohne irgendwelche technischen Einfallsreichtum der 60er und 70er Jahre, mussten mit schierer Kraft betrieben werden. Wer nicht gerade 90 kg wog, dem wurde voller Muskeleinsatz gegen die Pedalen abverlangt. Dieser Kraftaufwand sollte von der Kamera nicht zu sehen sein. I sollte ruhig aussehen und das Monster fahren. Das hatte folgen. Man musste ja schliesslich auch schnell fahren und Peter Bogdanovich, der Regisseur, hatte mir ausdruecklich gesagt, ich sollte doch bitte viel zackiger fahren. Nachdem die Kamera aus meiner Blickwinkel verschwand trat ich auf die Bremse mit meinem ganzen Koerper. Gerade so konnte ich vor dem Set anhalten. Die meisten hatten wohl nicht mitbekommen, dass das Auto nun wirklich ziemlich knapp zum Halt kam, der Vorderreifen war auf dem - zur Sicherheit aufgestellten - Sandsack. Noch einmal wollte er es sehen. Ich fuhr zurueck zur Ausgangssituation, das Auto rumpelte, der Rueckwertsgang wollte nicht zuegig einrasten. Der alte Packard dachte wohl, dass der japanische Schauspieler nicht seiner wuerdig sei. Es stockte und pustete. Er kannte die Welt viel laenger und wusste nur von professionellen Fahrern behandelt zu werden. Peter Bogdanovich sah zu mir herueber. Ich sollte kommen, seine neue Anweisungen holen. Ich mochte mein Fuss vom Gaspedal nicht entfernen, ich wusste nicht wann er wieder absaufen wuerde. Ich streckte meine Haende hoch. Peter gab auf und marschierte die 100 Meter zum Auto. Der naechste Versuch. Wieder nicht. Langsam laeuft Peter wieder zu mir. Beim 5. Anlauf hat es ihm dann endlich doch noch gefallen.

Neue Szene. Ich musste rauchen. Ich bin Nichtraucher. Ich versuchte den Rauch einzuatmen, da ich denke, dass der starke Raucher eben alles hineinziehen muss. Don”Ēt smoke it like a joint sagte Bogdanovich. Aha, nicht wie ein Joint rauchen. Gut, wie den dann? Just puff around. Aha herumpuffen. Gut, wenn das alles sein soll. Am Ende war der Regisseur doch noch zufrieden. Zum Glueck. Neue Szene. Ich machte einen Fehler. You screwed up. Rief Peter und lachte. Aha. Gut, dass ich nicht wieder meine unnoetigen Ideen preisgegeben hatte. Klappe halten, obwohl Peter immer bereit war auch zuzuhoeren. Aber wenn man ihn mitten im Satz unterbrach, hiess es kurz Do not interrupt. und strahlte eine Autoritaet eines Veteranen Regisseurs aus.

Die 11 Tage in Griechenland, Tage die einem sehr lang und auch sehr kurz vorkamen. Es war interessant, mit Hollywood Leuten einfach mal so zu plaudern, wie dein gewohnter Nachbar oder deine Arbeitskollegen. Ich hatte viel Zeit sich mit Steve, den Schriftsteller zu unterhalten, weil er auch nicht den ganzen Tag am Set sein musste. Nur wenn Peter ein paar Zeilen umaendern wollte musste er auch anwesend sein, ansonsten pendelte er immer zwischen Set und einem Kaffee. Es gab nun wahrlich nur sehr wenige Kaffees in diesem Dorf, abgeschnitten von der Welt, sechs Stunden nach Athens, zwei Stunden zur naechsten Stadt. Diese Abgeschottetheit verhalf aber auch dazu, die Leute naeher kennenzulernen. Man schenkte sich jeden Tag billigen Wein ein, die in Plastikflaschen kamen, sah DVD auf den Fernseher in der zu einem Cafeteria eingerichteten lokalen Restaurant, man ging zu den einzigen Bar am Hafen und spielte Karten. Zeitungen waren eine Raritaet. Man tauschte sich sie aus, bis die Seiten total zerfleddert waren. Englische und deutsche Zeitungen waren hoch im Kurs. Man lugte in die CD Kollektion von Kirsten Dunst, die war fuer eine 18 Jaehrige Genre-maessig sehr breit angelegt. Sie benutzte diese auf dem Set um einfach mal abzuschalten oder zu konzentrieren.

Martin der deutsche line-producer richtete seine skeptische Blicke immer wieder gegen den Himmel. Das Wetter spielte nicht mit. Obwohl es tatsaechlich haette schlechter sein koennen, der Wind war zu stark, die Wellen zu hoch, um das Boot schoen am Hafen liegen zu lassen, es haette sonst den Rumpf ruiniert. Fuer meine Szenen musste das Boot angelegt sein. So verschob sich meine Szenen Tag um Tag.

Ronan und Eddie, zwei englische Schauspieler sassen am Tisch in der Cafeteria. Wir hatten wieder mal nichts zu tun. Also redeten wir. Wir redeten ueber das schlechte Wetter.

Ronan: Du warst doch nur fuer zwei Tage geplant nicht?

Ich: Tja, ja.

Ronan: Das heisst du hast nicht viel Waesche dabei.

Ich: Hae??

Ronan: Naja, du hast zwei, vielleicht fuer drei Tage Waesche dabei.

Ich: Hmm. (Wie recht dieser Englaender nur hatte)

Ronan: Und dieses Wetter hilft bestimmt nicht ...

Was sollte ich da nur sagen? Ich hatte in der Tat meine Unterhose einmal vorne rum, einmal hinten rum, einmal innen nach aussen gedreht angezogen. Seine Aussage erinnerte mich an diese Tatsache und es fing an meinen Hintern zu jucken. Ich ruecke auf dem Sitz hin und her ... Achtung, das ist nur ein Scherz - ...

Ich: Ich wasche sie natuerlich.

Ronan: Wie waescht du sie? Im Waschbecken oder waehrend du dich duschst?

Ich: Das ist eine sehr private Angelegenheit.

Eddie: Zeigt aber den Charakter der einzelnen Personen....

So, das wars. Ich moechte jeden Leser von noch mehr banalen Geschichten hier verschonen. Wie ich sie trocken bekommen habe? Es gab in dem Gasthaus kein Haarfoen, aber es gab eine Klimaanlage im Zimmer. So stellte ich mich unter die Klimaanlage und hielt meine Sachen vor dem Luftausgang dieser Maschine. Nein, sie brauchen sich die Situation nicht in ihrem Kopf auszumalen. Wenn sie das schon getan haben, entschuldige ich mich fuer die unangenehmen Bilder, die ich ihnen dabei zugemutet habe ...

Abgereist sind die Schauspieler dann fast alle zusammen. Einige mussten noch fuer Nachtaufnahmen bleiben, aber sonst ein angenehmer Ausflug mit dem Bus zurueck nach Athen. Die Fahrt erinnerte mich an so manchem Kinderausflug. Fast alle Doppelsitze waren schon mindest von einer Person besetzt als ich den Bus betrat. Ein Doppelsitz war noch vor Kirsten frei. Gut. Ich wusste, dass Eddie nach mir den Bus bestiegen hat und hinter mir herlaeuft. Sollte ich, der Chauffeur, der kleine Nebendarsteller, den letzten Doppelsitz belegen und Chaplin, den Hauptdarsteller mit einer anderen Person ein Sitz teilen lassen? Aber ich kann mich auch nicht neben Kirsten hinsetzen. Nein, das machte man nicht. Also nahm ich den Doppelsitz, tat so als wusste ich nicht das Eddie hinter mir her kam. Als er mich passierte drehte ich mich um, um zu sehen was er machen wuerde. Er setzte sich neben James in der letzten Reihe hin. Die Atmosphaere im Bus war nett und freundlich, obwohl die liegengelassene Arbeit zu Hause mich schon wieder an meine Nerven saegte. Der Bus fuhr entlang an der Kuestenklippe. Die Sicht auf das Meer sah aus wie von einem Helikopter. Ewiges Meer bis ans Horizont und unter uns die Steile Klippe bis zum Strand, die hie und da mit gruenen Bueschen, glitzernd im Sonnenlicht, geschmueckt war. Ich war beeindruckt, musste mich zur Fensterseite hinauslehnen. Kirsten Dunst (Spiderman, Interview with Vampire) hatte sich in ihrem Sitz verkrochen und sich eine Jacke ueber ihren Kopf gestuelpt, obwohl ihr Fenster auf der Gebirgsseite war. Eddie Izzard, der Hauptdarsteller sprach sie an.

Eddie: Es ist schoen draussen.

Kirsten: Danke. Aber so fuehle ich mich wohler.

James: Yuki lehn dich nicht so weit raus, sonst faellt der Bus noch die Klippe herab.

Kirsten: Nein, nein, nein, warum seit ihr so gemein? Ich bin so viel juenger als ihr und ihr sollt mich auch dementsprechend netter sein.

Eddie: Es ist eben neid und liebe zugleich...



Obwohl Kirsten ihre Jacke auf ihr Kopf gestuelpt hatte, nahm sie ihre Jacke ab und sagte Death Box, jedes mal wenn wir an einem Alter vorbei gefahren sind, fuer die, die auf dieser Strecke ihr Leben verloren haben. Es war kein Wunder, man kannte hier keine Leitplanken, und ueber die Strasse hinaus gab es nur noch die ewige Tiefe.



Wir machen eine Pinkelpause irgendwo in einem Dorf in Griechenland. Ein einsames Ort, keine Touristenattraktion, nur ein Durchgangsort. Ein Buss geladen mit Afro-Englischen Jazz-Musiker, Schauspielern aus England, USA und Japan. Wir wurden angestarrt wie ein siebtes Weltwunder. Dann noch ein Halt in Athen. Wir konnten nicht mehr bis zum Flughafen abwarten. Die Blase schaffte es nicht mehr. Wir stiegen vor einem McDonald aus und rannten die Treppe zum Klo hinunter. Ahhhh ... Erloesung. Ich ging hinaus nachdem ich meine Haende gewaschen hatte und wen sehe ich da. Kirsten Dunst, immer noch in der langen Schlange vor der Damentoilette. Ist jemand noch drin? Ja Eddie ist noch drin. Koenntest du mitkommen und Wache stehen? Was? Warum nicht ...”Č Kaum konnte ich den Satz vollenden war sie schon in der Maennertoilette und ich musste alleine die vorwurfsvollen Blicke der griechischen Damen ertragen. Aha, Kirsten schuldet mir was. Also ich ging nonchalant wieder zurueck in die Toilette. Eddie wusch sich noch seine Haende. Vor dem Hinausgehen blickte er zu mir, in der Art, kannst du auf unsere kleine Schwester aufpassen? Hob sein Zeigefinger zur Tuer und ging hinaus. Ich wartete. Kirsten kam hinaus, sie wusch sich ihre Haende und lief blitzartig aus der Tuer.

Der Flug: Natuerlich flogen alle Schauspieler mit Lufthansa von der eleganten International Airport. Mein Flug war mit der griechischen Olympia Airlines gebucht, die zwei Stunden spaeter von einer ueberdimensionalen Bushaltestelle abflog, zumindest sah es so aus. Naja, vielleicht darf ich auch irgendwann mal Business Class Lufthansa fliegen ...

Ernie, der amerikanische line-producer, der Martin sozusagen leise unterstuetzte schien seine Arbeit sehr gut zu machen. Es war schoen sich mit allen wiederzutreffen. Das war eine Woche spaeter in Berlin, um noch eine Szene zu drehen. Die wurde leider aus Zeitmangel geschnitten. Am Abend beim Bergfest tranken wir ein wenig und sprachen ueber zukuenftige Traeume. Ernie hat anscheinend kuerzlich einen Sponsor fuer seinen Film gefunden. Schoen fuer ihn.

Kirsten, du schuldest mir noch was ...

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